Elektro-Kettenschlepper im Tunnel von Mauvages.

Im Sommer 2008 durchqueren wir auf unserer Reise auf dem Canal de la Marne au Rhin den Tunnel von Mauvages. Dieser Tunnel ist Teil der Scheitelhalterung zwischen Toul im Osten und Vitry-le-François im Westen. Der Tunnel ist 4877 Meter lang und 5.7 Meter, stellenweise nur 5,2 Meter breit. Er verläuft schnurgerade zwischen den Ortschaften Mauvages und Demange-aux-Eaux. Das allein wäre eigentlich nichts Besonderes, so hat zum Beispiel der Tunnel von Balesmes-sur-Marne bei Langres am Canal entre Champagne et Bourgogne (ex Canal de la Marne à la Saône) in etwa die selben Abmessungen. Diesen Tunnel haben wir vor ein paar Jahren durchfahren. Doch hier, beim Tunnel von Mauvages, ist eben alles etwas anders….

Der Tunnel wurde 1842-1847 gebaut und ist seit der Kanaleröffnung 1853 in Betrieb. Der Tunnel wurde ohne Lüftungsschacht gebaut. In den längeren Tunnels gibt es normalerweise Frischluftschächte zur Oberfläche und beim Vorbeifahren ist manchmal etwas Licht zu sehen und meistens ein Luftzug zu spüren. Im Tunnel von Mauvages war die Frischluft also schon immer knapp. Man hat sich deshalb etwas einfallen lassen müssen: seit 1912 verkehrt ein Elektro-Kettenschlepper im Tunnel. Wie ein Tram oder Trolleybus bezieht der Schlepper den Strom von den beiden Leitungen an der Tunneldecke. Der Elektromotor des Schleppers wird mit 600 Volt betrieben. Die Vorschriften rund um den Schleppvorgang haben im Laufe der bald 100 Jahre immer wieder geändert. Heute werden bis zu vier Schiffe hintereinander festgemacht und vom Schlepper mit einer Geschwindigkeit von ca. 2.5 Stundenkilometern durch den Tunnel gezogen. Eine mehrseitige „Bekanntmachung an die Schifffahrt“ und Einweisungen vom VNF-Personal lassen Spannendes erwarten. Da heisst es unter anderem: “ Treideln mit dem Elektroschlepper ist für alle Schiffe vorgeschrieben. Um Abgase im Tunnel zu vermeiden sind Motoren und Generatoren abzustellen. Sportbooten ist es erlaubt, ihren Motor zum manövrieren laufen zu lassen. Kochen, backen, heizen und offenes Feuer sind verboten. Auch rauchen ist untersagt. Aus Sicherheitsgründen sind pro Schiff maximal 8 Personen zugelassen. Um nicht mit den, an der Tunneldecke hängenden Stromleitungen in Kontakt zu kommen darf während der Tunneldurchfahrt der Innenraum des Schiffes nicht verlassen werden. Es ist im Tunnel verboten zu schreien. Wenn man ein Problem hat, muss man sich durch mehrmaliges Hupen beim Schlepperpersonal bemerkbar machen.“

 

Am Boden des Tunnels liegt eine 5000 Meter lange, schwere, geschmiedete Kette im Wasser. Über einen Arm nimmt der Schlepper die Kette auf der einen Seite auf. 

Die Kette verläuft auf dem Schlepper mehrmals über zwei grosse Kettenräder und läuft über den zweiten Arm an der anderen Schlepperseite wieder ins Wasser. 

Die Drehrichtung des Elektromotors bestimmt die Drehrichtung der zwei Kettenräder und damit die Fahrtrichtung des Schleppers durch den Tunnel. 

Der Blick zurück im beleuchteten Tunnel. 

 

Wer nun von den grossen Sicherheitsmassnahmen beeindruckt ist, kann von der französischen Praxis überrascht werden… Entgegen unserer Erwartung werden wir nicht an den Elektro-Kettenschlepper gebunden, sondern erhalten vom Tunnelpersonal die Info, dass der Schlepper „en panne“ ist. Ein Schiff nach dem andern soll mit eigenem Antrieb durch den Tunnel fahren. Damit uns nichts passieren kann, werden wir von einem VNF-Mann auf dem Tunneltreidelpfad per Velo begleitet. Und siehe da, die Frischluft im Tunnel reicht heute morgen für zwei Schiffsmotoren, alle Besatzungsmitglieder, zwei velofahrende VNF-Leute, die uns jede Engstelle ankünden und uns immer wieder fragen ob alles gut geht, und sogar noch für drei Arbeiter, denen wir im Tunnel begegnen! Möglich ist das alles, weil inzwischen auch der Tunnel von Mauvages drei Entlüftungsschächte zur Oberfläche hat (Wer den Tunnel auf GoogleEart etwas heranzoomt, kann sich die Bilder der Schächte ansehen). Mit eigener Kraft haben wir den Tunnel bereits nach 45 Minuten passiert und die VNF-Mitarbeiter freuen sich über eine verlängerte Mittagspause.

 

Den Tunnel von Mauvages findet man hier auf GoogleEarth.

Wer GoogleEart auf seinem Computer nicht installiert hat, findet hier den Download.

 

HD08.

 

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